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Rabbi Tabor und das steinerne Gastmahl

oder

Kasperl auf der Mazzesinsel

Ein theatral-musikalischer Parcours durch die Geschichte der Leopoldstadt

SCHAUSPIEL, GESANG & INSTRUMENTATION: Katja Benrath, Andreas Bettinger, Christina Förster, Katharina Grabher, Rainer Gradischnig, Annamária Kárpáti, Andreas Kosek, Dietmar Scharmitzer und als Gast: Peter Mlczoch
REGIEASSISTENZ: Annamária Kárpáti
STRICKACCESSOIRES: Christa Nagy
RECHERCHE & INSZENIERUNG: Andreas Kosek

WANN: 21., 22. und 29. September, 3., 5., 7., 9., 11., 13., 17., 18. und 21. Oktober 2006
Wegen des großen Erfolges: Zusatzvorstellung am 24. Oktober 2006 - jeweils 20 Uhr

WO: S.A.M.B.A. - ehemalige Bundesanstalt für Pflanzenbau und Samenprüfung
1020 Wien, Alliiertenstraße 1

Begrenztes Platzangebot, Reservierung erbeten
Bequeme und warme Kleidung empfohlen!

"Die Leopoldstadt bey Wien, nach ihrem Wesen werth, eine der schönsten Landstädte Österreichs genannt zu werden, doch durch die Verhältnisse unter welchen sie entstand, in die Reihe der Vorstädte Wiens geworfen, obschon selbstständig durch ihre isolierte Lage, und von hoher eigener Kraft, durch rege Betriebsamkeit, und durch den leicht angeregten energischen Geist ihrer Bewohner, bildete sich spät, aber desto schneller, desto herrlicher."
Leopold Matthias Weschin: Die Leopoldstadt bey Wien. Wien 1824

Die Öffnung des Praters und des Augartens durch Joseph II. machte die Insel(n) zu einer Pilgerstätte des Vergnügens. Es entstanden unzählige Kaffee- und Gasthäuser, Praterbuden mit allerlei Attraktionen und insbesondere die Praterstraße wurde im Lauf der Jahre zu einer mondänen Chaussee. 1781 gründete Karl Marinelli das Leopoldstädter Theater - die erste feste Vorstadtbühne Wiens - in dem Ferdinand Raimund und Johann Nestroy ihre großen Erfolge feierten. Mit der zivilen Gleichstellung der jüdischen Bevölkerung (1867) entstanden im Zweiten Bezirk auch zahlreiche jüdische (Kabarett)-Bühnen. Mit der Weltwirtschaftskrise und dem mordenden Antisemitismus des Nationalsozialismus erlosch diese Theaterblüte. An der Stelle des 1929 geschlossenen und 1951 abgerissenen Leopoldstädter bzw. Carl Theaters befindet sich heute ein Bürogebäude.

Auf seiner Wanderung durch die Lagerräume der ehemaligen Bundesanstalt für Pflanzenbau und Samenprüfung begegnet das Publikum bekannten und weniger bekannten Menschen des Bezirks. Der Prater diente H.C.Artmann, Graham Greene und anderen als Szenerie, Staatskanzler Renner und Jura Soyfer wohnten in der Leopoldstadt, Arthur Schnitzler wurde auf der Mazzesinsel geboren und auch so manche seiner Erzählungen ist hier angesiedelt; ebenso der Komponist Erich Zeisl (1905-1959). Er konnte 1938 emigrieren, das Café Tegetthoff seiner Eltern wurde arisiert, sie selbst in Treblinka ermordet. Von ihm gelangen die beiden Lieder "Die fünf Hühnerchen" und "Komm süßer Tod" zur Aufführung.

Im Leopoldstädter Theater hatte 1848 Nestroys "Freiheit in Krähwinkel" Premiere und am 11.9.1933 verteidigte Engelbert Dollfuss auf dem Trabrennplatz die Abschaffung der Demokratie.

In der großen Halle des Nordwestbahnhofes, bereits im 20. Bezirk, aber in unmittelbarer Nähe des Aufführungsortes, konnte man in den 20er Jahren - der Personenverkehr wurde bereits 1924 eingestellt - Schifahren, in den 30er Jahren diente sie den Austrofaschisten wie den Nazis als Ort für Massenkundgebungen.

All das und Vieles mehr ist in kurzen und prägnanten Szenen und im Einklang mit der Atmosphäre des Spielortes zu einem Theatererlebnis der ganz besonderen Art verwoben!

S.A.M.B.A. - 1881 beschloss die k.k.Landwirtschaftsgesellschaft die Gründung einer Samen-Control-Station, um den unlauteren Machenschaften im Samenhandel paroli zu bieten. 1895 genehmigte der Kaiser die Übernahme der Station in die Staatsverwaltung, was zu einer Erhöhung der finanziellen Ressourcen und zur Erhebung in den Rang eines Amtes führte. 1903 erfolgte endlich die Übersiedlung in ein eigenes Stationsgebäudes in der Lagerhausstraße. Mittlerweile widmete sich die Station auch der Pflanzenzucht und hatte zahlreiche Versuchsgärten in Wien und den Bundesländern. Im Zweiten Weltkrieg wurde die schmucke Fin de Siècle-Villa zerstört und nach zahlreichen Untermieten konnte im Jahre 1956 das Gebäude in der Alliiertenstraße - vormals ein Wohnhaus - bezogen werden. Mit der Zusammenlegung der landwirtschaftlichen Forschungsanstalten des Bundes in Wien in der Spargelfeldstraße, zuerst als Bundesamt und Forschungszentrum für Landwirtschaft - nunmehr "AGES Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH" - wurde das Gebäude für eine neue Nutzung frei und wird mit Anfang 2007 von der Gemeinnützigen Bauträgergruppe GEWOG und NEUE HEIMAT zu modernen Wohnungen umgebaut. Wir danken Susanne Reppé und Mag. Karl Wurm für die Möglichkeit der kulturellen Zwischennutzung!

"Theater in der Samenbank"

Ehemalige Bundesanstalt für Pflanzenschutz und Samenkunde ist Bühne

Wien (OTS) - Sonst ungenützte Zeitfenster von Baustellen werden temporäre Orte für Kunst und Kultur abseits von althergebrachten Standorten. Kulturelle Zwischennutzung als aussergewöhnliche Möglichkeiten für Künstler/innen - spannende Bühnen und niederschwellige Angebote für kunstinteressierte Besucher/innen.
Die Gemeinnützige Bauträgergruppe GEWOG und NEUE HEIMAT kooperieren schon seit einigen Jahren mit unterschiedlichen Künstlergruppen und stellen Althäuser und Bauplätze für unterschiedliche Kunstprojekte temporär zur Verfugung.
Bauprojekte verändern die Stadt, das Grätzl: Es entstehen neue lokale Identitäten, neue Nutzungen bestenfalls neue Dynamiken. Das betrifft auch die ehemalige Bundesanstalt für Pflanzenschutz und Samenkunde in Wien Leopoldstadt, Alliiertenstrasse 1. Das Gebäude, das mit Anfang 2007 zu modernen Wohnungen umgebaut wird, stellte eine "landmark" im Alliiertenviertel dar. Auch hier wird Kunst zum Motor und Signal für künftige Veränderungen im Grätzl: Unter dem Motto "SAMBA -Samenbank für Wohnbau, Architektur und Kunst" werden ehemalige Lagerraume seit Sommer 2006 kulturell und künstlerisch genutzt.

Theater in der Samenbank
Das Projekt "Theater in der Samenbank" initiiert die GEWOG vor Ort gemeinsam mit der Theatergruppe "teatro caprile", die für ungewöhnliche Spielplätze bekannt ist. Ein Monat lang tritt sie mit dem neuen Stück "Rabbi Tabor und das steinerne Gastmahl" auf - einem theatralen Parcours durch die Geschichte der Leopoldstadt.