trans

Vaterunser (Miatyánk) 

György Schwajda (Deutsch von Zoltán Deme)
Deutschsprachige Erstaufführung

MIT: Katharina Grabher, Andreas Kosek, Michael Schusser / RRemi Brandner
LIVE-ELECTRONICS: Günther Albrecht
REGIEASSISTENZ: Maria Steinberger
REGIE: Andreas Kosek

Als der Müller nach Jahrzehnten im Gefängnis in der Morgendämmerung an das Tor seines Hauses im Schatten der Windmühle pocht, erscheint am Fenster ein Mann, der partout behauptet, er sei DER Müller. Schon bald stellen sie entsetzt fest, dass sich ihre Erinnerungen, Erlebnisse und Gedanken bis ins Detail gleichen. Die vom Lärm erwachte Müllerin tituliert schließlich jeden als ihren von Gott bestimmten Ehemann und will doch keinen betrogen haben. Auch die Aussagen der Kinder bringen keine Lösung des Konflikts, wohl aber verschärft eine Blutspur die Spirale der Trugschlüsse...

Die Wahrnehmung funktioniert nach subjektiven Kriterien und verhält sich selektiv. Dieser Mechanismus macht auch vor realen Subjekten - den Menschen - nicht halt. Wenn nun zwei Personen mit identischen Lebensläufen behaupten, der jeweils andere zu sein, ist das nicht nur Stoff für Zoff, sondern gleichzeitig auch eine wunderbare Theatervorlage. - Eine Komödie um Wahrnehmung, Wirklichkeit und Logik.

György Schwajda

Geboren am 24. März 1943 in Budapest. 1973 Diplom an der Budapester Hochschule für Theater- und Filmkunst im Fach Dramaturgie. 1978 war er Direktor des Szigligeti Theaters in Szolnok, bis zu den Wahlen 2002 Direktor des Budapester Nationaltheaters.
Dramen: Clown, Das Wunder, Mäusezirkus, Hymne, Kuckucksei, Mathias der Gänsehirt, Janos aus dem Märchen, Keine Schule mehr, Palamedes, Hilfe, Die Heilige Familie, Schlagerfestival, Mari.
Die Uraufführung von "Vaterunser" fand unter seiner Regie statt.

Ist Wahrheit wirklich?
Von Martin Juen
"Wir haben zwei Leben. Das eine, welches wir leben, und das andere, das in unserer Phantasie existiert." So versucht die quasi zwischen zwei Männern stehende Müllerin etwas Licht in eine heikle Angelegenheit zu bringen. Und gleichermaßen nützt sie ihre Perspektive, um die Vorteile des Schattens zu nützen. Freilich unterliegt auch sie der Natur der Sache: Wahrheit ist ein Resultat der Wahrnehmung und unterliegt individuellen Kriterien, die sich gemäß der persönlichen Geschichte manifestieren.
Der ungarische Dramatiker György Schwajda macht "Vaterunser" zum Verwirrspiel um eine Realität, die mehr bestimmt wird von Positionen als von Inhalten, und stößt dabei unweigerlich auf Glaubensfragen, die wiederum nicht ausschließlich mit Religion zu tun haben. Es beginnt damit, dass ein Müller aus Jahrzehnte langer Haft heimkehrt und feststellen muss, dass ein anderer an seine Stelle getreten ist. Sein Weib gibt bald zu, dass beide die ihr Angetrauten sind, die unterschiedlichen Kinder nützen die Gelegenheit ihrem Naturell entsprechend, die Geschichte gerät zum absurd komischen Kriminalstück.
Und genau so verwirrend dies alles klingt, so einleuchtend geht Schwajda mit zutiefst menschlichen Abgründen um.
Katharina Grabher, Andreas Kosek (auch Regie) und Michael Schusser verleihen sechs Personen klare Konturen in teils fliegendem Rollenwechsel. Die auf das Wesentliche reduzierte Form sowohl von Inszenierung wie Kulisse (mit dezenten, live eingespielten Elektroniksounds von Günther Albrecht) stellen den brisanten Stoff und die involvierten Charaktere erfreulich deutlich in den Vordergrund.
Was 2002 als szenische Lesung des teatro caprile seine Premiere hatte, ist mittlerweile zur wohldurchdachten Bühnenfassung eines heiter anregenden Stückes gewachsen.
NEUE VORARLBERGER TAGESZEITUNG, Freitag 26.02.2005

War das alles nur ein Traum?

Das "teatro caprile" begibt sich auf die Spurensuche des Seins.

Feldkirch (VN-vf) Es ist ein Stück, angesiedelt am Höhepunkt einer schweren Identitätskrise, mit dem sich das Vorarlberger "teatro caprile" im Feldkircher "Saumarkttheater" zurückmeldet. Der brave, einfache Müller kehrt eines Abends zu seiner Familie zurück, nur um feststellen zu müssen, dass er bereits schnarchend in seinem warmen Bett liegt.
Und schon beginnt sich das gesicherte Wissen zu verkehren. Fantastisches ist real, die Wirklichkeit eine durchlässige Erscheinung.
Mit der verstrickten Komödie "Vater Unser" des Ungarischen Autors György Schwajda setzt das"teatro caprile" seinem thematischen Osteuropaschwerpunkt ein weiteres Quäntchen hinzu. Schwajda, der, 1943 in Budapest geboren, 1956 das Scheitern des ungarischen Volksaufstandes, das kommunistische Regime, seine repressiven Auswüchse und schließlich den Fall des "Eisernen Vorhangs" als Eckdaten seiner Biographie verzeichnen kann, verbindet all diese Eindrücke zu einem gedanklichen Schlagabtausch. Wer sind die Mörder, wem kann man vertrauen und ist Gott als letzter Zufluchtsort tatsächlich eine Konstante, sind die Fragen, die sich Schwajda gestellt hatte.
Gedankenspiel
Bemerkenswert die in Andeutungen belassene Bühnengestaltung, die sich doch zu Mühlen, Windrädern oder Kornfeldern zusammensetzte. Unterstützend fasste die flirrende elektronische Musikbegleitung Günther Albrechts dem theatralen Verwirrspiel unter die Arme. Und zu guter Letzt gelang es auch den Akteuren, unter Zuhilfenahme nur kleiner requisitorischer Stilmittel, die Lücke zwischen den einzelnen Figuren zu schließen. […]

VORARLBERGER NACHRICHTEN, Freitag 26.02.2005

BISHER GESPIELT: 
Mit RRemi Brandner als „Müller, der zu Hause war“

23. Februar 2006  - Österreichisches Bildungszentrum , Budapest (H)
22. Februar 2006  - Sándor Petöfi Kulturzentrum, Mezöberény (H)
21. Februar 2006  - Reformierte Theologische Universität, Debrecen (H)
21. Februar 2006  - II. Rákóczi Ferenc Müvelödési Központ, Nagykálló (H)
14. Dezember 2005  - Perczel-Mór-Gimnázium, Siófok

Mit Michael Schusser als „Müller, der zu Hause war“

24. November 2005 - Theater Forum, Schwechat
27. Februar 2005 - Mehrzwecksaal Volksschule, Düns
23. - 25. Februar 2005 - Theater am Saumarkt, Feldkirch
16. Februar 2005 - Pápai Református Kollégium Gimnáziuma, Pápa (H)
16. Februar 2005 - Kossuth Lajos Gimnázium, Mosonmagyaróvár (H)

PRÄSENTATIONEN DER INSZENIERTEN LESUNG
Mit Andreas Jäger als Müller, der zu Hause war und Live-Musik mit Robert Pistorius (Klavier)

26. Februar 2004 - Berzsenyi Dániel Evangélikus Gimnázium, Sopron (H)
25. Februar 2004 - Berzsenyi Dániel Hochschule, Szombathely (H)

Mit Christoph Prückner als Müller, der zu Hause war und Live-Musik mit Robert Pistorius (Orgel/Flügel) und Maria Hennefeld (Flöte)

12. Juni 2003 - Zwingli-Kirche, 1150 Wien 

Mit Manfred Stadlmann als Müller, der zu Hause war und Live-Musik mit Daniel Podmirseg (Klavier)

21. Jänner 2003 - Kornspeicher, Wels 
12., 13. Juni 2002 - Ungarisches Kulturinstitut Collegium Hungaricum, Wien